Die Forschungsschwerpunkte der Fakultät

Die Fakultät für Geschichtswissenschaften beschäftigt sich mit der Erforschung historischer Ereignisse und Hinterlassenschaften. So werden zum Beispiel durch die kritische Reflektion gesellschaftlicher Entwicklungen und Systeme für die Zukunft Orientierungs- und Handlungswissen über und für die Gesellschaft erarbeitet.
Die unterschiedlichen Methoden und Arbeitsgebiete zur Erforschung historischer Ereignisse und Hinterlassenschaften bieten ein hohes Potential, um fachübergreifende Fragestellungen zu den Themenbereichen der einzelnen Fach-Disziplinen unserer Fakultät zusammen zu führen und weiter zu entwickeln.

Hier sieht die Fakultät ihre Aufgabe, die Forschungsstärken und -interessen der Wissenschaftler unserer Fakultät zu erfassen und bestmöglich zu verstärken. Übergeordnetes Ziel ist es dabei, das sich erwartbare Synergieeffekte innerhalb und außerhalb der Fakultät ergeben, so dass sich auch fakultätsübergreifende Forschungskooperationen entwickeln und die interdizipliäre und internationale Forschung unserer Fakultät gefördert werden.

So haben sich folgende Forschungsschwerpunkte entwickelt, die kontinuierlich ausgebaut werden, vor allem mit Blick auf entsprechenden Kooperationsmöglichkeiten. Die Initiative zur Verbundforschung werden von der Fakultät durch regelmäßige Forschungstage und ein eigenes Forschungsförderprogramm diese Aktivitäten konkret unterstützt.

 

RESSOURCEN-Transformationen

Foto: DBM/RUB,  Klaus Stange, AVttention, Marienheide

Die Art wie Menschen in transformativen Prozesse eingebunden sind und diese gestalten, ist entscheidend für unser Verständnis für vergangene und zeitgenössische Gesellschaften sowie ihre Lebenswelten. Innerhalb dieser Prozesse spielen Ressourcen eine zentrale Rolle, da sie in vielfältiger Weise in Praxis und Konstruktion von Gesellschaft verwoben sind. Ressourcen, ihre soziale und physische Aneignung halten Gesellschaften in Bewegung, egal ob wir sie als Voraussetzung oder als Projektionsfläche für gesellschaftliche Sehnsüchte und Ideologien verstehen. Dabei spielt eine materialisierte Lebensumwelt und ihre Konstruktion eine große Rolle, da ihr ein spezifischer Angebotscharakter (Affordanzen im Sinne von J.J. Gibson) innewohnt, die eine transformierende Wirkung auf Praktiken in verschiedenen Phasen der menschlichen Geschichte hat. Ressourcen und ihre Aneignung stellen somit ein herausragendes Vehikel dar, Transformationen in der menschlichen Geschichte zu beschreiben. Im Gegensatz zu Naturstoffen und Rohmaterialien sind Ressourcen sozial produzierte Konstruktionen, die ausdrücken, was Menschen als relevant für ihr Leben erachten, egal ob es sich um physische (wie z.B. Ernährung), wirtschaftliche oder soziale Bedürfnisse (z.B. Statussymbole wie religiöse Güter, Kleidung oder Güter des Lebensraumes) handelt.

Das Forschungsfeld Ressourcen zielt daher auf eine multidisziplinäre theoretische Debatte, um anhand einzelner Fallstudien den vielperspektivischen Ansatz zu erweitern und im Sinne einer Theorie der mittleren Reichweite weiter zu erforschen. Dabei soll in Zusammenarbeit mit weiteren Fakultäten und Instituten der RUB und des DBM sowie weiteren Partnern verschiedene Methoden wie die Agenten basierte Modellierung weiterentwickelt werden. Dieser integrierte transdisziplinäre Ansatz wird als zentral angesehen, um Mehrwert aus der Zusammenarbeit von Geistes- und Gesellschaftswissenschaften, Naturwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften sowie weiteren involvierten Feldern zu generieren. Dabei kann ein beantragter Leibniz-WissenschaftsCampus zwischen RUB, DBM, FU Hagen, Stiftung Geschichte des Ruhrgebietes und THGA Georg Agricola) eine wichtige Rolle bei der Etablierung des Wissenschaftsnetzwerkes spielen. In diesem Zusammenhang konzentriert sich die Fakultät für Geschichtswissenschaften zusammen mit dem Deutschen Bergbau-Museum Bochum (DBM) vor allem auf die Georessourcen und versucht die transformierende Rolle der mineralischen Rohstoffe in den Blick zu nehmen. Die Forschungen umfassen die Geschichte der Montanwirtschaften von der Urgeschichte bis in den industriellen und postindustriellen Zeitraum ebenso wie Fragen der Materialitäts- und Stoffgeschichte in der Wissens- und Kunstproduktion und der Konstruktion von (Ressourcen)-Landschaft. Die Forschungsarbeiten zielen auf ein besseres Verständnis der Aneignung und Konstruktion von Ressourcen ab. Sie umfassen in Ressourcen eingeschriebenen Identitäten und Praktiken zur Frage nach Landschaftskonstruktion, Lebenswelt und Erinnerungskulturen wie auch die Geschichte von Institutionen und Akteuren.

Ansprechperson: Thomas Stöllner

κρίσεις – Disruptive Transformationen als produktive Herausforderung

Kriese

Dieser Forschungsschwerpunkt beschäftigt sich mit Krisen und Transformationen politischer, sozialer, ökonomischer und ästhetischer Konstellationen. In Abgrenzung zum eher trivialen Phänomen des historischen Wandels, das immer und überall zu beobachten ist, geht es um Veränderungsdynamiken, die zeitgleich oder auch erst später als disruptive Herausforderung etablierter Ordnungen wahrgenommen wurden. Dies schließt umgekehrt immer auch die Frage nach Widerständen oder Resilienz gegenüber derartigen Veränderungsdynamiken ein. Zugleich geht es auch um die Frage nach der Produktivität von Krisen – ganz im Sinne des Urbegriffs krisis, der den Prozess der Hervorbringung bzw. Entwicklung und Entscheidung sowie auch die abschließende Beurteilung, also die Reflexion einschließt. Der Schwerpunkt verbindet somit die Perspektive der Analyse vergangener disruptiver Veränderungen von Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur mit der theoretischen Perspektive der begriffs- und ideengeschichtlichen Reflexion zentraler Konzeptionen historischen Wandels. Dies umfasst vielfältige Zugänge aus allen Teilepochen der Geschichtswissenschaft, aus der Archäologie, der Ur- und Frühgeschichte sowie der Kunstgeschichte und bietet sich zugleich für Kooperationen mit anderen Fakultäten an. Nicht zuletzt ergibt sich die auch gesellschaftliche Relevanz dieses Ansatzes aus den virulenten Krisenwahrnehmungen, die öffentliche Diskurse zunehmend dominieren.

Ansprechpersonen: Constantin Goschler, Christian Wendt

WORK MATTERS. Kunst und Arbeitskultur zwischen Differenz und Transfer


Im Fokus dieses aktuellen Forschungsschwerpunkts des Kunstgeschichtlichen Institut stehen die Wechselverhältnisse von künstlerischer Produktion und außerkünstlerischer Arbeit. Obwohl ‚Arbeiten‘ in der Tradition der modernen westlichen Gesellschaften als Inbegriff menschlicher Tätigkeit verstanden wird, ist dieser grundlegende Zusammenhang in der Kunstwissenschaft bisher wenig untersucht. Und obwohl im aktuellen öffentlichen Diskurs vielfach Bezug auf die künstlerische Arbeit genommen wird, wenn von einer neuartigen Gestaltung der Arbeit gesprochen wird, gibt es hierzu kaum substantielle Forschung. Ausgehend von den gegenwärtigen Herausforderungen der Zukunft der Arbeit durch Globalisierung, Digitalisierung sowie Künstliche Intelligenz und angesichts der auf das Vorbild der sogenannten freien künstlerischen Arbeit zurückgeführten Flexibilisierung und Entgrenzung der Erwerbsarbeit sollen folgende Problemfelder geklärt werden: Welche historischen und aktuellen Konzepte künstlerischen Produzierens sind maßgeblich? In welchem Verhältnis stehen sie zu außerkünstlerischen Produktionspraktiken? Wie wird und wurde dieses Verhältnis in der Praxis und Theorie der bildenden Künste ausgehandelt? Die Universität Bochum, gegründet mit dem reformerischen Ziel, den Strukturwandel im größten industriellen Ballungsgebiet Europas durch einen engen interdisziplinären Kontakt zu befördern, ist ein idealer Standort, um die Relationen von künstlerischer und außerkünstlerischer Arbeit kritisch zu befragen und in historischer sowie systematischer Hinsicht für die heutigen Probleme zu erschließen. Der Schwerpunkt dient als Ausgangspunkt für eine transdisziplinäre Verbundforschung.
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Ansprechpersonen: Cornelia Jöchner, Ulrich Rehm

Frau Maria Bremer, Friederike Sigler und Kathrin Rottmann laden Sie herzlich zu einer Veranstaltungsreihe des Kunstgeschichtlichen Instituts ein, in der sie sich mit der Rezeption der Arbeitswelt des Ruhrgebiets durch Kunstinstitutionen und Archive für Kunstproduktion beschäftigen. Auftaktveranstaltung: 25. Mai 2022, 16 Uhr im Museum Folkwang.
(Post)Industrielle Arbeit ausstellen - Ankündigungs-Flyer


SUPRA FINES - Beyond Borders


Der Fakultätsschwerpunkt „Supra Fines“ thematisiert die Konstruktion von Räumen, Grenzen und Grenzüberschreitungen in den Geschichtswissenschaften. Ausgehend von einer Denaturalisierung von Grenzen und Räumen soll eine interdisziplinäre, komparativ und transkulturell angelegte Neuperspektivierung raumbezogener und grenzüberschreitender Phänomene und ihrer Erforschung vorgenommen werden.
„Supra Fines“ geht dabei über die schon länger bestehende ‚Grenz- und Raumforschung‘ in den Kulturwissenschaften hinaus: Insbesondere die frühe Globalgeschichte hat Verflechtungen und Grenzüberschreitungen häufig als den Standardfall in Globalisierungsprozessen angesehen. Diese Perspektive, der häufig eine romantisierende Idealisierung dieser Prozesse zugrunde lag, wird im Rahmen des Schwerpunkts umgekehrt, damit die Mühen und Folgeprobleme der grenzüberschreitenden Beziehungen in den Blick kommen.
Unter dem Arbeitsbegriff „Globale Beziehungsarbeit“ untersuchen wir die Konstruktion globaler, überregionaler Verbindungen, die nicht immer schon vorhanden sind, sondern in einem sehr allgemeinen Sinne erst einmal ‚erarbeitet‘ werden müssen. Mit dem Blick auf Barrieren und Brüche fokussieren wir wesentliche Aspekte der Unterbrechung von globalen Verbindungen. Der Begriff der Barriere bezeichnet zwar primär den Hindernisaspekt von Grenzen, verweist aber gleichzeitig auf die ihnen inhärente Dynamik: Barrieren werden errichtet, abgebaut oder etwa so konstruiert, dass sie nur in einer Richtung passierbar sind. Brüche hingegen thematisieren den ebenso grundlegenden Aspekt der Disruption: Zum einen werden Grenzen immer auch durchbrochen, zum anderen können grenzüberschreitende Beziehungen abbrechen – und beides zieht bisher kaum erforschte Folgeprobleme nach sich. << Zum Schwerpunkt >>

Ansprechperson: Sandra Maß

Weitere Forschungsfelder

Zusätzlich bieten alle drei Institute der Fakultät ein eigenes disziplinär geprägtes Forschungsprofil (siehe dazu die Instituts-Homepages), das sich vielfach interdisziplinär öffet oder sich von der Einzelforschung abhebt.

Hier einige Beispiele:
SICHERHEIT UND ÖFFENTLICHKEIT - Leitung / Ansprechpartner: Michael Wala, Constantin Goschler
MONTANGESCHICHTE - Leitung / Ansprechpartner: Dieter Ziegler, Stefan Berger, Helmut Maier, Juliane Czierpka